In der ersten Zeit im Prozess waren die Zeiten, in denen ich ihn nicht sah und in denen er sich nicht meldete, auf meine Nachrichten nicht reagierte, die Hölle. Ich habe alles hinterfragt, habe ihn verflucht. Habe mich gewundert, wie er nur so kalt sein kann und sich nicht melden kann. Wie er es schafft, nicht an mich zu denken, wo ich doch gefühlt ständig an ihn gedacht habe. Ich war gefangen in all diesen Ängsten und Zweifeln, ohne sie wirklich benennen zu können. Ich habe ihn vermisst, ihn auf den Thron gesetzt, auf dem ich mein einziges Glück zu finden glaubte. Ich dachte, ich könnte niemals ohne ihn sein.

Dieser immense Druck, den all das ausgelöst hat, ist nun zum Glück weg. Hat auch nur zwei Jahre gedauert. ;-)

Heute weiß ich, dass diese Zeiten notwendig waren und sind, um sich auf seinen eigenen Weg zu konzentrieren. Mir sind zwei Dinge bewusst geworden, die auch dir vielleicht eine neue Sichtweise auf das Thema geben.

Zum einen ist unser Gegenüber noch nicht so weit, dass er sich öffnen kann. Er zieht sich nicht zurück, weil er uns blöd findet, sondern weil es für ihn die einzig mögliche Strategie ist, mit seinen Gefühlen umgehen zu können. Und in erster Linie heißt das bei ihm erstmal, dass er sie leugnet und unterdrückt. Da kann er den Kontakt mit uns nun so gar nicht dabei gebrauchen. Also meldet er sich nicht, reagiert nicht auf unsere Kontaktversuche und wenn er es tut, dann niemals so, wie wir uns das erhoffen.

Zum anderen ermöglicht uns sein Fernbleiben genau zu spüren, was es in uns auslöst. Und ich sage bewusst spüren, denn mit dem Kopf ist das alles überhaupt nicht zu greifen.

Anstatt uns zu fragen, warum er sich nicht meldet und weg bleibt, müssen wir unsere Fragen anders stellen und auf uns lenken. Und zwar NUR auf UNS!
Warum leiden wir so sehr darunter, dass er aktuell nicht da ist? Was vermissen wir? Was wünschen wir uns von ihm? Warum muss er in unserem Leben sein? Welche Rolle soll er dort einnehmen?

All diese Fragen zeigen uns, wo wir für uns selbst noch was tun können. Sie zeigen uns die „Lücken“ in unserem Leben. Diese Lücken wird er nur niemals füllen, denn das würde bedeuten, dass wir von ihm in gewissen Punkten abhängig sind. Und genau das ist das Ziel des ganzen Prozesses: Das wir vollständig sind, heil und ganz werden und er quasi nur die „nette Zugabe“ wäre.
Solange wir in Zeiten, in denen er sich zurückzieht, in die Opferhaltung gehen, uns bemitleiden, alles verfluchen und vor allen immer nur darüber nachdenken, warum er sich jetzt nicht meldet, werden wir keine Kraft haben, auf uns zu sehen. Denn das braucht Mut und Kraft! Aber es ist der einzige Weg, wie wir diese Phasen für uns nutzen können.

Meine persönliche Erfahrung hat gezeigt, dass er jedes Mal, wenn wir Kontakt haben, etwas in mir so dermaßen aufwühlt, dass ich hinsehen muss, weil es mich sonst innerlich auffressen würde. Es ist unfassbar, was für eine Welle er manchmal in Bewegung bringt. Eine Welle aus alten Verletzungen, tiefen Wunden, die ich jahrelang nicht ansehen konnte und die nun plötzlich wieder beginnen zu bluten. Und das alles nur, weil er eine doofe whats app geschrieben hat. Jedes Mal verschwindet er danach wieder, egal wie ich reagiere. Und jedes Mal werde ich gezwungen, hinzusehen und Sachen zu heilen. Er wird die niemals heilen können, das kann nur ich alleine. Aber er wird solange wieder kommen und gehen, bis ich alles angesehen und geheilt habe.

Wenn du dich also fragst, wie du mit Zeiten ohne Kontakt umgehen sollst, frag dich zuallererst, was es in dir auslöst, wenn er diesen Kontakt abgebrochen hat?
Was erhoffst du dir vom Kontakt? Und hier muss man wirklich ehrlich zu sich sein!! Viele können und wollen das nicht und belügen sich an dem Punkt selbst. Ich kann das so direkt und provokativ sagen, weil ich es genau so gehandhabt habe. Ich habe immer gedacht, dass ich den Kontakt ja halten muss, damit er mich nicht vergisst. Damit er merkt, wie großartig ich bin und damit er auch endlich sagen kann, dass das zwischen uns mehr als Freundschaft ist. Ich wollte nicht loslassen, weil ich den Schmerz nicht spüren wollte, den seine Ablehnung in mir ausgelöst hat. Ich wollte nicht hinsehen, wollte nicht annehmen. Ich dachte, dann habe ich wenigstens ab und zu mal Kontakt und dann wird er eines Tages schon sehen, was er an mir hat. ABER so funktioniert es bei Dualseelen nun mal nicht. Solange wir die Zeiten ohne Kontakt nicht 100 % für uns nutzen, werden wir immer wieder diese Kreise drehen und er wird sich immer wieder melden und zurückziehen. Es wird eine Dauerschleife.

Und wenn ich sage, nutz die Zeit für dich 100 %, dann meine ich mit allem was dazu gehört. Alle Gefühle dürfen gefühlt werden, auch die ganz miesen (ganz besonders die!). Dann wird etwas leichter. Ich spüre es manchmal einfach so, als habe sich was gelöst. Ich kann es manchmal gar nicht so genau benennen, aber es ist befreiend. Und dann irgendwann kann ich mittlerweile auch spüren, wenn es soweit sein wird, dass er wieder auf der Bildfläche erscheint. Dann wird die nächste Runde eingeläutet.

Tipps für Zeiten ohne Kontakt sind:

  • Nutze Affirmationen, wenn es dir hilft.
  • Akzeptiere es bewusst, dass es ist, wie es ist.
  • Mach dir Karteikarten, auf denen du dir Sätze aus Büchern aufschreibst, die dir helfen, die Situation zu verstehen. Das Verstehen ist der erste Schritt, um wirklich akzeptieren zu können.
  • Sprich mit Menschen, die auch im Prozess sind, aber achte darauf, dass es Menschen sind, die nicht festhängen in der Endlosschleife! Die werden dich nur runterziehen und du wirst weiter festhängen.
  • Tue schöne Dinge für dich. Dein inneres Kind möchte gerade in diesen Zeiten besonders deine Aufmerksamkeit!